Der Kohleausstieg in Hamburg wäre viel leichter, wenn Hamburg das Fernwärmenetz von Vattenfall zurückkauft, wie per Volksentscheid im September 2013 von den Bürgerinnen und Bürgern beschlossen. Bisher gab es ein Hindernis: Der 2014 von Bürgermeister Olaf Scholz mit Vattenfall vereinbarte Mindestkaufpreis von 950 Mio. Euro für 100 % an der Fernwärme ist höher als das im Juni veröffentliche Ergebnis der Wertermittung für 100 % von 645 Mio. Euro. Bisher hieß es, die Landeshaushaltsordnung (LHO) stünde dem Rückkauf entgegen, die Stadt dürfe nicht mehr ausgeben als die Fernwärme betriebswirtschaftlich Wert wäre.
Jetzt haben Gutachter von Rödl & Partner im Auftrag der GLS Treuhand, des BUND Hamburg und der EnergieNetz Hamburg eG die LHO geprüft und das Ergebnis ist sehr erfreulich: Die LHO verbietet mitnichten den Kauf des Fernwärmenetzes. Vielmehr verpflichtet die LHO bei der Abwägung einer großen finanziellen Entscheidung nicht nur die betriebswirtschaftlichen, sondern auch alle gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Kosten und Nutzen einzubeziehen, auch diejenigen, die nicht in Euro bezifferbar sind. Die Gutachter sehen große Vorteile für Stadtentwicklungsplanung, Daseinsvorsorge, Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und regionale Wertschöpfung. So besehen, ist die LHO mal eine richtig gute Verordnung, die politisch kluge Entscheidungen ermöglicht. Rotgrün soll diese Chance nutzen!
Außerdem spannend: Es geht heute gar nicht mehr um die angeblich 305 Mio. Euro Differenz zwischen Mindeskaufpreis und Wertermittlung für 100 % am Unternehmen. Denn 2012 hat die SPD-Regierung bereits 25,1 % an der Fernwärme für 325 Mio. Euro gekauft. Jetzt zur Entscheidung steht, ob Hamburg 625 Mio. Euro für die restlichen 74,9 % am Fernwärmeunternehmen, die laut betriebswirtschaftlichem Wertgutachten 484 Mio. Euro wert sind, ausgibt. Es geht um eine Differenz von 141 Mio. Euro. Der Senat muss also begutachten, ob der Nutzen für Stadtentwicklungsplanung, Daseinsvorsorge, Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und regionale Wertschöpfung so viel wert sind. Wir meinen: Ja!
Pressemitteilung vom 17.8.18 von GLS Treuhand, des BUND Hamburg und der EnergieNetz Hamburg eG: Fernwärme-Rückkauf-Entscheidung:
LHO fordert umfassende Einbeziehung und Bewertung aller Gemeinwohleffekte
Kurzgutachten von Rödl & Partner: Anforderungen an Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Rekommunalisierung der Fernwärme in der Freien und Hansestadt Hamburg, vom 15.08.2018
Für uns ist ganz klar, dass schon der Kohleausstieg in der Fernwärme viel wert ist, einerseits für den Klimaschutz, andererseits in Zahlen: Denn wenn die Fernwärme verkohlt bleibt, muss Hamburg die hiesigen CO2-Emmissionen durch andere Maßnahmen senken, z. B. durch verstärkte Gebäudedämmung, was viel teurer und praktisch viel schwieriger wäre.
Siehe dazu das Kurzgutachten LBD Ersatzoptionen HKW Wedel_vs_Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden-1, beauftragt von der Umweltbehörde.